Nach umfangreichen internen Ermittlungen einigt sich VW mit seinen D&O-Versicherern und Ex-Managern. Der VW-Aufsichtsrat verlangt von dem früheren Konzernchef Martin Winterkorn, dem Ex-Audi-Chef Rupert Stadler sowie von den Ex-Managern Wolfgang Hatz, Stefan Knirsch und Ulrich Hackenberg Schadenersatz für die Belastungen aus dem Diesel-Skandal. Die Höhe der Gesamtansprüche gegen die Ex-Manager nannte VW bisher nicht. Der Gesamtschaden für den Konzern wird auf mehr als EUR 34 Milliarden geschätzt. Angeblich fordert VW um die EUR 1 Mrd. von den Ex-Managern, wobei VW die Schadensumme angeblich wie folgt berechnet hat: Hätten Winterkorn und Co. gleich nach Bekanntwerden des Skandals dem 27.07.2015 gehandelt, dann hätte sich der Konzern Kosten von mehr als 1 EUR Milliarde Euro erspart. Auch deshalb, weil die US-Behörden weniger erbost über die Täuschung durch VW gewesen wären, als sie es dann Wochen später gewesen waren. Nachdem Konzernvertreter unter dem Druck von US-Ermittlern scheibchenweise mit der Wahrheit herausgerückt waren. Der Schadenzeitraum bewegt sich dabei zwischen Mitte Juli und Mitte September 2015.
Der Konzern soll für seine Manager eine D&O-Versicherung mit einer Gesamtversicherungssumme von EUR 500 Mio. bei ca. 30 D&O-Versicherern abgeschlossen haben . Die D&O-Versicherung greift im Falle der Managerhaftung allerdings nur, wenn die Vorstände nicht vorsätzlich bzw. nicht wissentlich gehandelt haben. Nicht ohne Grund wirft ihnen der VW-Aufsichtsrat in seiner Stellungnahme auch nur „fahrlässige Pflichtverletzungen“ vor.
Laut der abschließenden Einigung wurde ein Betrag von knapp EUR 288 Mio. vereinbart, heißt es aus dem Unternehmen.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende zahlt persönlich EUR 11,2 Mio. Ex-Audi-Chef und -VW-Konzernvorstand Rupert Stadler soll selbst EUR 4,1 Mio. überweisen. Bei ihm und Winterkorn geht es um die Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten. Der frühere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz steuert zudem EUR 1,5 Mio. bei, der ehemalige Audi-Manager Stefan Knirsch EUR 1 Mio.
Daneben gibt es zusätzliche Versicherungsleistungen aus der D&O-Versicherung. Sie summieren sich nach Angaben von VW auf insgesamt EUR 270 Mio. Das Versicherungsprogramm unter Führung der Zurich soll sich fast komplett am Vergleich beteiligen, nur Berkshire Hathaway als Exzedentenversicherer will keinen Beitrag leisten.
VW hatte auch vom Ex-Entwicklungschef der VW-Kernmarke und von Audi, Ulrich Hackenberg, Schadenersatz verlangt. Dieser sei aber „nicht zu einer Einigung bereit“, hieß es. Als Konsequenz sollen deshalb nun „gerichtliche Schritte“ gegen ihn vorbereitet werden.
Die jetzt geschlossenen Vergleiche bewegen sich außerhalb zivil- und strafrechtlicher Verfahren. Am 22.07.2021 muss die VW-Hauptversammlung sie noch billigen, da gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG die Gesellschaft nur dann auf Ersatzansprüche gegen (ehemalige) Vorstandsmitglieder verzichten oder sich darüber vergleichen kann, wenn seit der Entstehung des Anspruchs drei Jahre vergangen sind, die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, die mindestens zehn Prozent des Grundkapitals erreicht, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Auf die Ermttlungen der BaFin wurde bereits in einem früheren Beitrag hingewiesen.
Update, 22.07.:
Die Anteilseigner von VW haben auf der Hauptversammlung einem Vergleich zwischen dem Konzern, früheren Vorstandsmitgliedern und den D&O-Versicherern mit großer Mehrheit zugestimmt. Kein Wunder, liegen doch 90 Prozent der VW-Stimmrechte bei drei Großaktionären: den Familien Porsche und Piech, dem Land Niedersachsen und dem Emirat Katar.
Unabhängig von der zivilrechtlichen Aueinandersetzung droht Winterkorn noch eine weitere strafrechtliche Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage gegen den Manager wegen uneidlicher Falschaussage im SInne von § 153 StGBerhoben. Dabei geht es um eine Aussage im Untersuchungsausschuss des Bundestags im Januar 2017 zur Abgasaffäre. Winterkorn solle »bewusst falsche Angaben« zur Frage gemacht haben, zu welchem Zeitpunkt er über den Einsatz einer Software zur Manipulation der Abgaswerte unterrichtet war, teilte die Behörde mit. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Anklage wurde am Landgericht Berlin erhoben. Das Gericht muss noch über die Zulässigkeit der Anklage entscheiden.