Nach langwierigen  Diskussionen und Beratungen hatte das Europäische Parlament und der Rat sich am 14.11.2023 vorläufig auf eine neue Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte geeinigt und sich auf einige Änderungen zum Entwurf verständigt. Die neue EU‑Produkt­haftungsrichtlinie ist auf dem Weg,

  • Bekanntermaßen werden zukünftig unter „Produkten“ ausdrücklich digitale Produktionsdateien und Software, einschließlich KI, erfasst. Dies gilt sowohl für Software, die in einem anderen Produkt integriert ist, als auch für eigenständige Software. Kleine Softwarehersteller können den Rückgriff des Endherstellers vertraglich ausschließen.
  • Nicht von der politischen Einigung umfasst ist die zur Diskussion gestellte grundsätzliche Einführung einer Beweislastumkehr. Den Verbrauchern obliegt demnach auch weiterhin die Pflicht, den Nachweis zu erbringen, dass ihnen durch ein fehlerhaftes Produkt der geltend gemachte Schaden entstanden ist. Soweit sich die Beweiserbringung jedoch für den Verbraucher als „übermäßig schwierig“ erweist – u. a. aufgrund technischer oder wirtschaftlicher Komplexität -, soll es den Gerichten freistehen, i. S. d. Beweiserleichterung anzuordnen, dass der Kläger lediglich die „wahrscheinliche Fehlerhaftigkeit“ des Produktes nachweisen muss, oder, dass diese den Schaden „wahrscheinlich verursacht“ hat.
  • Neu greift der EU-Gesetzgeber zukünftig auch in das Zivilverfahrensrecht der Mitgliedstaaten ein und verpflichtet den Beklagten, auf Antrag des Klägers in einem Gerichtsverfahren die in seiner Verfügungsgewalt befindlichen relevanten Beweismittel offenzulegen; ein solcher Ausforschungsbeweis ist bisher nur in Common Law-Staaten üblich. Dabei müssen die Gerichte jedoch Maßnahmen ergreifen, um Geschäftsgeheimnisse des Beklagten zu schützen.
  • Als ersatzfähiger Schaden gilt zukünftig auch der Verlust und die Verfälschung von Daten, die nicht ausschließlich für berufliche Zwecke verwendet werden. Der bisherige Selbstbehalt von 500 EUR sowie die bislang mögliche Haftungsgrenze (von der Deutschland in § 10 ProdHaftG mit EUR 85 Mio. Gebrauch gemacht hat), entfallen, was die potenzielle Haftung für Unternehmen erhöht.

Am 12.03.2024 hat das Europäische Parlament nun neue EU‑Verbraucherschutzvorschriften verabschiedet, um besser auf das zunehmende Online-Shopping, neue Technologien und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft reagieren zu können. Darunter befand sich auch die neue EU‑Produkthaftungsrichtlinie (Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über die Haftung für fehlerhafte Produkte).

Die Richtlinie muss nun noch formell vom Rat verabschiedet werden und tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die neuen Vorschriften gelten dann erstmals für Produkte, die wiederum 24 Monate danach auf den Markt gebracht werden, d.h. dass die neuen Regelungen in Deutschland voraussichtlich ab Mitte 2026 anwendbar sein werden.