Der BGH hat sich mit seiner Entscheidung vom 18. November 2020 – IV ZR 217/19 über die bisherige Rechtsprechung zum Thema Deckungsschutz in der D&O-Versicherung für Ansprüche aus § 64 GmbHG hinweggesetzt und zugunsten der Versicherungsnehmer und der versicherten Personen entschieden.
Der in § 64 Satz 1 GmbHG geregelte Anspruch der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer auf Ersatz von nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleisteten Zahlungen ist ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne von Ziffer 1.1 ULLA.
Zur Begründung stützte sich das Berufungsgericht (OLG Frankfurt/Main) noch auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juli 2018 (4 U 93/16, VersR 2018, 1314), dessen Auffassung es sich anschließt. Der Anspruch aus § 64 Satz 1 GmbHG stelle keinen gesetzlichen Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne der Versiche-rungsbedingungen dar, sondern sei ein „Ersatzanspruch eigener Art“.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem in § 64 Satz 1 GmbHG geregelten Anspruch nach Ansicht des BGH sehr wohl um einen gesetzlichen Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne der AVB. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.
Entgegen den Auffassungen des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung kann jedoch selbst von einem geschäftserfahrenen und mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertrauten, dennoch nicht juristisch oder versicherungsrechtlich vorgebildeten Versicherungsnehmer/Versicherten einer D&O-Versicherung weder diese komplexe rechtsdogmatische Einordnung des Anspruchs aus § 64 Satz 1 GmbHG noch ein darauf gestütztes Verständnis des in Ziffer1.1 formulierten Leistungsversprechens erwartet werden.
Schließlich entspricht die Einbeziehung von Ansprüchen aus § 64 Satz 1 GmbHG in den Versicherungsschutz auch dem für den Versicherungsnehmer/Versicherten erkennbaren Zweck des Versicherungsvertrags. Die D&O-Versicherung dient als Fremdversicherung der Absicherung der versicherten Personen. Vom Versicherungsschutz werden nicht primär die Vermögensinteressen der Versicherungsnehmerin geschützt, sondern die der versicherten Personen. Der durchschnittliche Versicherte erwartet, dass die D&O-Versicherung als Passivenversicherung sein Interesse daran schützt, keine Vermögenseinbußen infolge von gegen ihn gerichteten Schadensersatzforderungen zu erleiden. Er wird deshalb nicht annehmen, dass gerade das für ihn bedeutende und potentiell existenzvernichtende Haftpflichtrisiko aus § 64 Satz 1 GmbHG von der Deckung der D&O-Versicherung deshalb ausgenommen sein soll, weil ein Vermögensschaden nicht bei der Versicherungsnehmerin, sondern bei deren Gläubigern eingetreten ist.
Weitere Details im Urteil.