Im Strafprozess um die Windreich-Insolvenz ist Unternehmensgründer Willi Balz zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Ursprünglich gab es acht Angeklagte, darunter auch der ehemalige baden-württembergische
Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP), der bei dem Unternehmen im Vorstand saß. Gegen alle außer Balz wurde das im August 2019 begonnene Verfahren im Laufe der Zeit eingestellt.
Das Landgericht Stuttgart sah es mit Urteil am 02.12.2020 als erwiesen an, dass Balz sich unter anderem der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung, des Betrugs, der Untreue, der veruntreuenden Unterschlagung und des Insiderhandels schuldig gemacht hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Windreich hatte sich auf Windkraftanlagen an Land und auf hoher See spezialisiert und musste im September 2013 Insolvenz anmelden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet und auch das Unternehmen durchsucht.
Balz verteidigte sich immer damit, dass er jederzeit liquide gewesen sei und dass die Razzia schließlich zur Insolvenz geführt habe. Das Landgericht folgte dieser Argumentation nicht und stellte fest, dass die Unternehmensgruppe schon
sehr viel früher zahlungsunfähig gewesen sei. Zudem hatte Windreich bei Anlegern einen dreistelligen Millionenbetrag eingesammelt, die Anleihen stürzten jedoch ab und verloren massiv an Wert.
Beim Strafmaß blieb das Gericht nur geringfügig unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für Balz fünf Jahre und drei Monate Haft beantragt hatte. Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer hingegen einen Freispruch gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Anmerkungen:
Hierbei handelt es sich sicherlich um einen eklatanten Fall der Managerhaftung. Aber was bedeutet das Strafurteil für einen möglichen Versicherungsschutz aus Sicht des betroffenen Managers?
Vorliegend befindet man sich wohl gemerkt erst im Strafprozess und nicht in einem Zivilverfahren, bei dem es um Schadensersatzansprüche seitens des Unternehmens bzw. des Insolvenzverwalters wegen begangener Pflichtverletzungen geht. Oft wartet man die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren ab und macht dann zivilrechtliche Ansprüche geltend. Im Raum steht aber eine vorsätzliche Tat. Wie könnte sie sich auf einen potentiellen Versicherungsschutz für den Angeklagten auswirken?
Im Falle eine Unternehmensstrafrechtsschutzversicherung ersattet der Versicherer grundsätzlich die Anwalts- und Gerichtskosten der versicherten Person. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung müsste der Manager die Kosten aber zurückerstatten, wobei dabei der Versicherer letztlich das Insolvenzrisiko des Betroffenen trägt. Oft kommt es aber gar nicht dazu, weil schon keine Deckung besteht. Viele Rechtsschutzverträge sehen folgende Regelung vor:
Der Versicherungsnehmer kann darüber hinaus der Rechtsschutzgewährung für versicherte Personen widersprechen,
soweit gegen diese Vorwürfe wegen Handlungen oder Unterlassungen
erhoben werden, die sich gegen Vermögensinteressen des Versicherungsnehmers richten.
Der vermeintliche Versicherungsschutz für seine eigene Verteidigung ist damit in aller Regel weg.
Gut, wenn man in seiner D&O-Versicherung einen Zusatzbaustein „Strafrechtsschutz“ hat. Die sieht kein Widerspruchsrecht zugunsten des Unternehmens vor. Auch besteht grundsätzlich kein Ausschluss für Preisabsprachen/Kartelle in der D&O. Aber: Die D&O-Versicherung greift nur, wenn es um Vermögensschäden geht. Bei Personen- und Sachschäden hilft in der Regel auch keine D&O-Versicherung.
Auch die D&O-Versicherung beinhaltet einen Auschluss für Vorsatz oder Wissentlichkeit. Der Versicherer trägt damit auch hier das Insolvenzrisiko, dass die versicherte Personen bei einer rechtskräftigen Verurteilung nicht in der Lage ist, die geleisteten Abwehrkosten zurückzuzahlen.
Ein strafgerichtliches Urteil entfaltet für den Zivilprozess keine Bindungswirkung. Die in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen können im Zivilprozess aber als Beweismittel verwendet werden. Über eine Bindungswirkung ließe sich nur nachdenken, wenn u.a. eine Voraussetzungsidentität zwischen dem zivilrechtlichen und strafrechtlichen Vorsatzbegriff geben würde und auch alle zivilrechtlichen Aspekte im Strafverfahren entscheidungserheblich waren. Daran dürfte es insgesamt mangeln. Ob es dem Versicherer dann gelingt, im Rahmen eines Rückzahlungsanspruchs den Vorsatzausschluss zu belegen, ist mit schwierig zu bewerten.
Von daher ist die Strafrechtsschutzkomponente einer D&O-Versicherung mitunter besser als die klassische Strafrechtsschutzpolice des Unternehmens. Aber: Abwehrkosten werden auf die D&O-Versicherungssumme angerechnet. Wenn es mehrere Betroffene gibt, teilen sie sich auch die Versicherungssumme. Es kann immer nur das verteilt werden, was auch noch an Versicherungssumme übrig ist. Möglicherweise sollte man auch darüber nachdenken, sich selber zu versichern, damit man Herrin/Herr über die eigene Police ist.