Enthalten Waren oder ihre Verpackungen rechtswidrige Angaben, droht dem Hersteller beziehungsweise dem Distributor eine gerichtliche Untersagung der Bewerbung sowie des Vertriebs der entsprechenden Produkte. Damit aber nicht genug: Wie der BGH (Beschluss vom 29.09.2016 (Az. I ZB 34/15)) in seinem „Rescue-Tropfen-Urteil“ klargestellt hat, umfasst ein wettbewerbsrechtliches Unterlassungsgebot grundsätzlich auch die Pflicht, die entsprechenden Waren von den Abnehmern zurückzurufen.

Der Entscheidung des BGH lag eine wettbewerbsrechtliche Untersagung des OLG München aus dem Jahr 2013 zugrunde. Einem Vertriebsunternehmen war untersagt worden, als Spirituosen gekennzeichnete Produkte unter der Bezeichnung „Rescue Tropfen“ zu vertreiben. Dieses auch als „Notfalltropfen“ bekannte Mittel auf Pflanzenbasis soll beruhigend wirken – allerdings ohne Alkohol als Zutat. Die entsprechenden Produkte hatte das beklagte Vertriebsunternehmen an Apotheken ausgeliefert, forderte diese im Folgenden jedoch nicht zur Rückgabe der bereits an sie ausgelieferten „Rescue Tropfen“ auf. Darin sah die klagende Konkurrentin eine Zuwiderhandlung gegen das Urteil des OLG München und beantragte ein Ordnungsgeld, das das Gericht auch verhängte. Dagegen wehrte sich das beklagte Vertriebsunternehmen.

Seit der „Rescue-Tropfen“ Entscheidung gab es eine Reihe von Folgeentscheidungen, die sich mit der Ausgestaltung der Rückrufpflichten bei einem Unterlassungstitel auseinandersetzten. Nach den „Hot Sox“- (I ZR 109/14) und „Luftentfeuchter“-Urteilen (I ZR 208/15) entschied der BGH zuletzt in dem Urteil „Produkte zur Wundversorgung“ (Az. I ZB 96/16) zum Thema Rückruf. Darin setzt sich der BGH zwar mit der anhaltenden Kritik an seiner Auffassung zu Rückrufpflichten auseinander.

In seinem Beschluss zu dem diätischen Lebensmittel „Tinnitus X“ vertritt das OLG Düsseldorf (Az. I-20 W 26/18) weiterhin eine andere Auffassung als der BGH und verneint eine Rückrufpflicht des Herstellers. Obwohl es dem Unternehmen vom LG Düsseldorf untersagt war, sein Produkt weiter zu vertreiben, war es nicht dazu verpflichtet, Dritte, in diesem Fall Handels- und Drogerieketten, aufzufordern, das Produkt nicht weiter zu verkaufen.

Gegen den Beschluss des OLG ist Rechtsbeschwerde (I ZB 19/19) eingelegt und damit erneut beim I. Zivilsenat des BGH, der über die Rückrufpflichten entscheiden muss.