Der Geschäftsführer eines kommunalen Energieversorgungsunternehmens ist der GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er im Voraus über einen zu langen Zeitraum Risikogeschäfte (Warentermingeschäfte) abschließt und dabei keine Risikostreuung vornimmt.

Der beklagte Geschäftsführer kaufte mit drei Bestellungen in den Jahren 2008 und 2009 für die GmbH die von dem Unternehmen in den Verbrauchsjahren 2013 bis 2015 voraussichtlich benötigten Strom­mengen ein. Die Bestellung erfolgte in einer schon langer andau­ernden Phase steigender Preise. Anders als vom Beklagten erwartet gab es einen Preisverfall.
Das LG führte in seiner Entscheidung aus, dass das bewusste Ein­gehen geschäftlicher Risiken, das eine unternehmerische Tätigkeit wesentlich prägt, im Rahmen der sog. Business-Judgement-Rule auch grundsätzlich Fehleinschätzungen umfasst. Daher stellen auch gewagte Geschäfte grundsätzlich keine Sorgfaltspflichtverletzung dar, wenn ein erlaubtes Risiko nicht überschritten wird. Eine fehlerhafte Ausübung unternehmerischen Ermessens ist erst dann anzunehmen, wenn aus der ex­-ante­-Sicht das Handeln des Geschäftsführers gemessen am Wohl der Gesellschaft als unvertretbar erscheint.

Diesen Ermessensspielraum sah das LG Kiel im konkreten Fall als überschritten an, da der Geschäftsführer über viele Jahre im Voraus den mutmaßli­chen Gesamtjahresenergiebedarf der Klägerin lediglich an zwei Tagen geor­dert habe. Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Gutachters zu den Beschaffungsstrategien anderer Versorger hat der Geschäftsführer zu frühzeitig und insgesamt für alle drei Lieferjahre zeitlich zu komprimiert einge­deckt. Der Beklagte konnte sich nicht sicher sein, dass die Preise tatsächlich weiter steigen. Bei Käufen von jeweils kleineren Mengen über einen größeren Zeitraum wird – was allgemein bekannt ist – das Risiko von Kursschwankungen ausgeglichen bzw. verringert. Die Strategiegestaltung und -umsetzung war daher mit einem Klumpenrisiko verbunden und nicht sachgerecht.
Die klagende GmbH schätzt den zu erwartenden Schaden auf EUR 2,437 Millionen.

LG Kiel, Urteil vom 05.02.2016 (14 HKO 134/12, BeckRS 2016, 07912)