In zwei jüngeren Entscheidungen stellte der BGH zu einer Versicherung für fremde Rechnung fest, dass der Versicherer nicht im Voraus auf sein Recht auf Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung verzichten könne (Beschl. v. 21. September 2011, Az. IV ZR 38/09; Beschl. v. 9. November 2011, Az. IV ZR 40/09; http://lexetius.com/2011,5346). Erste Stimmen werden in der Literatur laut, die eine Verallgemeinerung der BGH-Entscheidung auf das gesamte Versicherungsvertragsrecht und insbesondere eine Anwendung für die D&O-Versicherung als gegeben sehen.

Zunächst ist es kein Zeichen für ein vertrauensvolles Geschäftsgebaren, wenn ein Versicherer im Lichte der Vertragsfreiheit und in Kenntnis der möglichen für ihn nachteiligen Konsequenzen bei Vertragsschluss einer Regelung zustimmt, sich aber im Schadenfall nicht daran halten möchte und sich zu seinen Gunsten auf Unwirksamkeit der Klausel beruft.
Hierbei macht sich der Versicherer der im Ergebnis richtigen Auslegung von § 123 Abs. 1 BGB zunutze, der die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt. An dem Urteil selber kann es kaum Kritik geben. Die Entscheidung dürfte jedoch trotz entsprechender Tendenzen nur bedingt auf das gesamte Versicherungsrecht übertragbar sein.
In Rede stand eine sehr allgemein gehaltene und verkürzte Vertragsreglung: Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungsschutz nicht. (Rz. 1)

Mittlerweile gibt es differenzierende Versicherungsreglungen in verschiedenen Bedingungswerken, die gerade den Fall des Anfechtungsverzichts offen regeln. Entsprechendes, positives Wissen der Versicherer über die rechtlichen Konsequenzen ihrer Zustimmung zu den modifizierten Regelungen ist damit als um einiges höher anzusetzen als bei der zitierten Klausel. Insofern dürfte es umso „treuwidriger“ sein, wenn sich der Versicherer im Schadenfall auf eine Unwirksamkeit dieser Klausel beruft. Selbstverständlich steht § 123 Abs. 1 BGB nicht zur Disposition.
Nichts desto trotz wird in den modifizierten Klauseln dem im Sinne von § 123 Abs.1 BGB arglistig Täuschenden der Versicherungsschutz versagt, wo hingegen für die „gutgläubigen“ unbeteiligten versicherten Personen weiterhin Versicherungsschutz bestehen soll. Eine derartige Unterscheidung trägt dem Schutzinteresse der Versicherung Rechnung, da es dem arglistigen Täuschenden eben nicht ermöglicht wird, aus seiner Täuschung einen Vorteil zu ziehen.