Ein zivilrechtlicher Anspruch ist entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls gerichtlich durchgesetzt werden kann. Er ist jedoch nicht mehr durchsetzbar, wenn er verjährt ist. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) enthält ergänzend zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Sondervorschriften, § 14 VVG [Fälligkeit der Geldleistung] und § 15 VVG [Verjährung], die in der Schadenpraxis immer wieder zu Diskussionen führen. Hier ein Überblick über die Rechtslage.

Fälligkeit der Geldleistung
Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs ist seine Fälligkeit. Die Fälligkeit der Geldleistung des Versicherers bestimmt sich nach § 14 Abs. 1 VVG, soweit die Parteien keine andere Fälligkeit vereinbart haben. Maßgeblich ist danach der Zeitpunkt, zu dem der Versicherer die erforderlichen Erhebungen im Schadensfall abgeschlossen hat oder bei pflichtgemäßem Verhalten hätte abschließen müssen.

In der Schadenpraxis stellt sich immer wieder die Abgrenzungsfrage, ob der Versicherer bereits alle notwendigen Ermittlungen angestellt hat oder ob er durch ungerechtfertigte Auskunftsverlangen die Zahlung unnötig verzögert. Insbesondere die Beiziehung und Überlassung polizeilicher oder staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsakten kann mitunter mehrere Monate in Anspruch nehmen. Unterlässt der Versicherungsnehmer gebotene Mitwirkungshandlungen, etwa indem er erforderliche Unterlagen nicht zur Verfügung stellt, tritt nach § 14 VVG keine Fälligkeit der Geldleistung ein. Letztlich ist die Beurteilung leider immer eine Frage des Einzelfalls.

Zeigt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall an, prüft der Haftpflichtversicherer zunächst, ob der Anspruch begründet oder unbegründet ist. Der Versicherungsnehmer hat bereits zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rechtsschutz, der dem Abwehranspruch vorgeht und gegebenenfalls in diesem aufgeht. Dieser sofortige Rechtsschutzanspruch besteht unabhängig davon, ob der Haftpflichtanspruch begründet oder unbegründet ist. Zu den Kosten der Prüfung des Anspruchs gehören auch solche Kosten des Versicherungsnehmers, die z.B. durch eine vergleichsweise vorzeitige Befriedigung des Anspruchs (auf Weisung des Haftpflichtversicherers) entstehen.

Kommt der Haftpflichtversicherer nach pflichtgemäßer Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des vermeintlich Geschädigten unbegründet ist, beschränkt sich der Rechtsschutzanspruch des Versicherungsnehmers auf die bedingungsgemäßen Kosten der Anspruchsabwehr (Anwaltskosten, Sachverständigenkosten etc.). Nach der Rechtsprechung wird der Rechtsschutzanspruch bereits dann fällig, wenn ein angeblich geschädigter Dritter Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer geltend macht. Als Geltendmachung gilt jede ernsthafte Erklärung des angeblich geschädigten Dritten gegenüber dem Versicherungsnehmer, aus der sich ergibt, dass der Dritte glaubt, Ansprüche zu haben und diese verfolgen wird. Einige Versicherer verlangen jedoch häufig ein förmliches Anspruchsschreiben des Dritten, um den Versicherungsfall anzuerkennen.

§ 14 VVG, der sich auf die Fälligkeit von Geldleistungen bezieht, ist auf die Fälligkeit des Rechtsschutz- oder Abwehranspruchs nicht anwendbar. Gleiches gilt für § 106 VVG, der sich auf die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs bezieht. Entstehen dem Versicherungsnehmer durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche Kosten, so sind diese gemäß § 103 Satz 3 VVG grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach Mitteilung der Berechnung vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Hemmung der Verjährung
Das zivilrechtliche Verjährungsrecht geht von einer regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB) von drei Jahren aus. Die Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres (31.12., 24.00 Uhr), in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt hat.

Obwohl sich die verschiedenen Leistungskomponenten des Haftpflichtversicherers (Prüfung des Haftpflichtanspruchs, Freistellung oder Abwehrdeckung) unterscheiden, geht die herrschende Meinung von einer einheitlichen Verjährung des Deckungsanspruchs in der Haftpflichtversicherung sowohl für den Abwehr- als auch für den Freistellungsanspruch aus. Der Wortlaut des § 15 VVG ist eindeutig: Ist ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag beim Versicherer angemeldet worden, so ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. § 15 VVG soll den Versicherungsnehmer vor den Nachteilen der Verjährung bei langwierigen Verhandlungen mit dem Versicherer schützen. Trotz des eindeutigen Wortlauts kommt es in der Schadenpraxis immer wieder zu Diskussionen im Zusammenhang mit § 15 VVG.

§ 15 VVG gilt neben den allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB (§§ 195 bis 211 BGB), da § 15 VVG die Hemmungsvorschriften zum Schutz des Versicherungsnehmers erweitern und nicht einschränken soll. Daher kann die Verjährung in der Zeit zwischen der Anzeige des Versicherungsfalls und dem Zugang der endgültigen Entscheidung des Versicherers sowohl nach § 15 VVG als auch nach § 203 BGB gehemmt sein.

Eine Hemmung der Verjährung tritt auch ein, wenn der Versicherungsnehmer eine Beschwerde beim Versicherungsombudsmann einreicht (§ 12 Satz 1 der Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns); die Hemmung endet gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens. Eine Beschwerde bei der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat dagegen keinen Einfluss auf die Dauer der Verjährung. Die BaFin weist in ihrer Information zum Beschwerdeverfahren ausdrücklich darauf hin, dass der Versicherungsnehmer unabhängig von der Prüfung durch die BaFin unbedingt eigenständig auf die Einhaltung der Verjährungsfrist achten muss.

Die Entscheidung des Versicherers über Grund und Umfang seiner Leistungspflicht muss eindeutig und abschließend sein. Lehnt der Versicherer nur teilweise ab, muss der Versicherungsnehmer aus der Mitteilung erkennen können, welche Ansprüche abgelehnt und welche anerkannt werden.

Beantwortet der Versicherungsnehmer Fragen des Versicherers zu dem gemeldeten Versicherungsfall nicht oder meldet er sich längere Zeit überhaupt nicht, so hat dieses Verhalten keinen Einfluss auf die durch die Schadenmeldung eingetretene Hemmung der Verjährung. Der Versicherer kann die Hemmung in einem solchen Fall nur dadurch beenden, dass er dem Versicherungsnehmer mitteilt, dass er eine abschließende Regulierung mangels Mitwirkung des Versicherungsnehmers (noch) nicht vornehmen kann.

Fazit
Auch hier zeigt sich, dass das VVG durchaus versicherungsnehmerfreundliche Regelungen enthält. Um diese in Anspruch nehmen zu können, müssen jedoch einige Regeln beachtet werden. Dies gilt sowohl für die Sonderregelungen zur Fälligkeit der Geldleistung als auch für die Hemmung der Verjährung bis zur endgültigen Entscheidung des Versicherers.