Die Regulierung von Schadenfällen in der Managerhaftpflicht-/D&O-Versicherung ist häufig kompliziert. In der Praxis müssen Unternehmen regelmäßig erst gegen ihre eigenen Manager vorgehen, bevor die Versicherung zahlt. Die Klärung eines Falles kann daher mehrere Jahre dauern. Bis zu einer Entscheidung oder einer vergleichsweisen Einigung sieht sich der Manager teilweise immensen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt. Ein Weg zur Abkürzung des Verfahrens ist die Abtretung der Versicherungsansprüche.

Abtretung von Versicherungsansprüchen
Der betroffene Manager tritt seinen Anspruch gegen den D&O-Versicherer an das Unternehmen ab. Dieses kann dann direkt gegen den Versicherer vorgehen – ohne den Umweg über ein Haftungsverfahren gegen den Manager. 2016 hat der BGH dieses Vorgehen in einer eindeutig formulierten Grundsatzentscheidung geklärt. Trotzdem haben einige Untergerichte mit diesem Vorgehen immer noch „Bauchschmerzen“, da man mit der Abtretung auf einfachem Weg „ans Geld der Versicherung will“. Dabei wird jedoch übersehen, dass die D&O-Versicherung genau für solche Konstellationen abgeschlossen und vom Versicherer angeboten wird. Durch die Abtretung wird lediglich die eigentlich vorgelagerte Klärung der Haftungsfrage zu einer inzidenten Mitprüfung beim deckungsrechtlichen Anspruch des Unternehmens gegen den Versicherer verschoben.

Abtretung erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt
Die möglichen Varianten einer Abtretung sind in § 364 BGB geregelt.

  • Abtretung erfüllungshalber:
    Das Unternehmen darf zunächst den Versicherer in Anspruch nehmen. Der Haftungsanspruch gegen den Manager bleibt zwar bestehen, wird aber für die Dauer des Verfahrens nicht verfolgt. Kommt der Versicherer für den Schaden auf, erlischt auch der Anspruch gegen den versicherten Manager. Vorteil: Die Regulierung erfolgt schneller und der Manager bleibt eingebunden. Nachteil: Der Manager steht bis zum Ende des Versicherungsverfahrens in der Pflicht und könnte später doch noch belangt werden.
  • Abtretung an Erfüllungs statt:
    Hier wird der versicherte Manager mit der Abtretung endgültig von der Haftung befreit. Das Unternehmen kann anschließend nur noch den Versicherer in Anspruch nehmen. Vorteil: Für den Manager ist diese Variante deutlich sicherer. Für das Unternehmen ist ein solches Vorgehen zudem eine Möglichkeit, das Thema intern zu befrieden. Nachteil: Scheitert die Klage gegen den Versicherer, so ist der Manager aus dem Spiel und ein Rückgriff endgültig ausgeschlossen.

Rechtliche Rahmenbedingungen
Bei GmbHs sind beide Formen der Abtretung grundsätzlich zulässig. Bei Aktiengesellschaften hingegen gibt es Einschränkungen. Gemäß dem Vergleichs- und Verzichtsverbot des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG darf vor Ablauf von drei Jahren keine endgültige Haftungsbefreiung (an Erfüllungs statt) erfolgen, ohne dass die Hauptversammlung zustimmt.

Aus Sicht des Organmitglieds empfiehlt sich ferner die Vereinbarung einer expliziten Stillhaltevereinbarung (pactum de non petendo), in der festgelegt wird, dass die geschädigte Gesellschaft so lange auf ein weiteres Vorgehen gegen das Organmitglied verzichtet, wie die Möglichkeit besteht, vom Versicherer Schadensersatz zu erhalten. Doch auch ohne eine explizite Vereinbarung sieht die herrschende Meinung – mit Unterstützung von Teilen der Rechtsprechung (OLG Schleswig, Urteil vom 26.02.2024, Az. 16 U 93/23) – durch die alleinige Abtretung des Freistellungsanspruchs aus der D&O-Versicherung bereits ein implizites Stillhalteabkommen. Das hat auch zur Folge, dass die Verjährung von Haftungsansprüchen gegen den Geschäftsführer so lange gehemmt wird, wie der Anspruch des Unternehmens gegen den Versicherer besteht.

Fazit
Die Abtretung von D&O-Ansprüchen kann Prozesse beschleunigen und Konflikte entschärfen. Ob erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt abgetreten wird, hängt von der jeweiligen Situation, der Gesellschaftsform sowie dem Verhältnis zwischen Unternehmen und Manager ab. Eine sorgfältige Abstimmung und Vertragsgestaltung ist in jedem Fall unverzichtbar.

(s.a. VSMA-Newsletter August 2025)